Matinee: Sonntag, 17.03.2024, 11:30 Uhr

„DER KLEINE PRINZ - SAINT-EXUPÉRY MEETS JAZZ“

Heikko Deutschmann, Julia Hansen, Rhani Krija, Jörg Siebenhaar, Thomas Zander

 
 

Was ein Herz sieht

Wir wollen in diesem Jahr einem Zeichner folgen, der in seinen Bildern eine verborgene, geheime Welt sah. Einem Flieger, der aus dem Himmel die Gesichter von Kontinenten, Staaten und Ländern erkennen konnte, wie wir die unserer Liebsten – auch und gerade nachts. Einem Autor, der aus diesem klaren und zutiefst menschlichen Blick alle seine Werke schuf: Dem Blick des Herzens. Wenige Künstler haben uns so zielsicher in unserem Wunsch getroffen, verlässlich zu träumen, freundlich zu sein, friedlich zu leben und dafür allem zweckorientierten Denken zu entsagen, sei es auch nur für die Reise durch ein paar Dutzend Seiten.

Auf den Flügeln Antoine De Saint-Exupéry wollen wir mit Ihnen über die Wüste gleiten, werden notlanden müssen und einem Außerirdischen zuhören, der uns so kennt, wie wir uns längst vergessen haben. Weil er ein Kind ist. “Alle großen Leute sind einmal Kinder gewesen, aber wenige erinnern sich daran” sagt der Autor, und wir rufen uns das gemeinsam ins Gedächtnis.

Die musikalische Startbahn für diese Expedition bereiten uns seine großen Landsleute: François Couperin, Jean Philippe Rameau und Frédéric Chopin.

Den Kompass aber lassen wir wie immer am Boden. Wir orientieren uns am Sternenzelt, am Glitzern und Funkeln der Fantasie, an den Bildern, die älter sind als die Menschheit und doch nicht vergessen. Und selbstverständlich kommt auch diese Matinee, wie jeder unserer Höhenflüge, ohne Netz und doppelten Boden aus. Sie ist reine Improvisation. Auf eine sanfte Landung!

Das wunderbar harmonierende und bewährte Lese-Duo Julia Hansen und Heikko Deutschmann wird auch in diesem Jahr wieder von dem Pianisten Jörg Siebenhaar, dem Perkussionisten Rhani Krija, sowie dem Saxophonisten Thomas Zander improvisierend begleitet. Dabei schöpfen sie aus dem musikalischen Fundus von François Couperin, Jean-Philippe Rameau und Frédéric Chopin. Wie in den vergangenen Jahren wurde das Programm eigens für diese Matinee zusammengestellt.

Die Zukunkt soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen …
— Antoine De Saint-Exupéry

Der Kleine Prinz

… gehört zu den bekanntesten Büchern der Weltliteratur, trifft immer wieder ins Herz und ist aktuell wie eh und je. Antoine de Saint-Exupéry schrieb „Le Petit Prince“ für Kinder, aber das von ihm illustrierte Büchlein erzählt eine Parabel über Kindheit und Erwachsensein, Menschliches und Unmenschliches, Freundschaft und Liebe, Krise, Hoffnung und Tod.

Das Buch kann als Kritik an der Erwachsenenwelt und an der Konsumgesellschaft gesehen werden, in der die „großen Leute“ allein Äußerlichkeiten als Weltmaßstab anerkennen und kulturell gewachsene, zwischenmenschliche Werte in den Hintergrund treten.

Auf seiner Reise von Planet zu Planet begegnet der Kleine Prinz immer wieder Menschen, die nur mit sich selbst beschäftigt sind und dabei die wichtigen Werte im Leben verdrängt haben. Doch diese unsichtbaren Dinge sind bei genauer Betrachtung wichtig. Der Mensch ist für Saint-Exupéry ein Geflecht aus Beziehungen, die durch den menschlichen Geist geknüpft werden. Seine Einzigartigkeit erlangt er durch individuelle Symbolzuweisungen. Betrachtet der kleine Prinz einen Stern, ist ihm das eine Erinnerung an seinen Freund, den Piloten, der ihm an einem Wüstenbrunnen das Wasser des Lebens spendete. Für den Piloten sind die Sterne Millionen kleiner Glöckchen, die ihn an das Lachen des Kleinen Prinzen erinnern. Die Fähigkeit zu solchen Bedeutungszuweisungen ist im Menschen bereits von Geburt an angelegt und gerade bei Kindern mächtig. Durch eine ausschließlich auf Äußerlichkeiten und den Wissenserwerb beschränkte Erziehung werden Kinder aber an die Welt der Erwachsenen angepasst.

Bis heute wurde das Buch weltweit in 505 verschiedene Sprachen und Dialekte übersetzt und ist damit nach der Bibel sowie dem Koran das in die meisten Sprachen und Dialekte übersetzte literarische Werk. Die NASA benannte ein Sternbild nach dem Kleinen Prinzen.


Antoine De Saint-Exupéry (1900-1944)

Der Pilot und Schriftsteller Antoine Jean-Baptiste Marie Roger Graf de Saint-Exupéry wurde am 29. Juni 1900 in Lyon geboren. In Frankreich gehört er seit Langem zu den meistgelesenen Autoren. In seinen Büchern reflektiert Saint-Exupéry seine Erlebnisse als Pionier der Luftfahrt und damit verbundene Grenzerfahrungen wie Einsamkeit und Lebensgefahr. Werke wie »Nachtflug« (im Original: »Vol de Nuit«) oder »Wind, Sand, Sterne« (im Original: »Terre des Hommes«) wurden schon zu Lebzeiten des Autors ausgezeichnet. Die Lektüre seiner Bücher und Briefe zeigen Saint-Exupéry als einen Moralisten im besten Sinne, dem Dienst am Menschen verpflichtet. Vielleicht ist es die Einheit von Leben und Werk, die zu der anhaltenden Beliebtheit des Autors beiträgt.
Antoine de Saint-Exupéry gilt seit dem 31. Juli 1944 als vermisst.
Kindheit und Schulzeit

Antoine Jean-Baptiste Marie Roger Graf de Saint-Exupéry wurde am 29. Juni 1900 in Lyon geboren. Er verlor früh seinen Vater und wurde von der Mutter aufgezogen. In Lyon und auf den Landgütern der Familie in Südfrankreich verlebte er eine behütete Kindheit. Auch während seiner späteren Schulzeit in einem Jesuitenkolleg und in katholischen Internaten stand der eigenwillige Junge unter dem Schutz der Mutter. Zeitlebens verband die beiden eine enge Beziehung.

Nach der Reifeprüfung 1917 bemühte Saint-Exupéry sich um Aufnahme in die Marineschule École Navale, scheiterte jedoch an den Eingangsprüfungen. Auch die Pariser École des Beaux-Arts verließ Saint-Exupéry 1921 ohne Abschluss. Während des anschließenden Militärdienstes in Straßburg wurde er zum Flugzeugmechaniker ausgebildet. 1921 erwarb er den Flugzeugführerschein für die zivile, 1922 für die militärische Luftfahrt.

Nach einem unbefriedigenden Intermezzo als kaufmännischer Angestellter wurde Saint-Exupéry 1926 von der einflussreichen Fluggesellschaft Latécoère eingestellt. Seine Fliegerlaufbahn begann als Pilot der Postflüge zwischen Toulouse, Dakar und Casablanca. Von 1927 bis 1929 war er Leiter des Wüstenflugplatzes Kap Juby im marokkanischen Aufstandsgebiet. In dieser Zeit entstand sein Buch »Südkurier« (im Original: »Courier Sud«), in dessen Mittelpunkt das Fliegen und eine unglückliche Liebe stehen.

Unter der Leitung von Saint-Exupéry wurden 1929 bis 1931 von Buenos Aires aus Flugpost- und Luftfrachtlinien eingerichtet. Als Direktor bei der Aeroposta Argentina war er verantwortlich für die ersten Nachtflüge, die mit hohen Risiken einhergingen. Seine Erlebnisse und Erfahrungen hat er in dem 1930 veröffentlichten Roman »Nachtflug« (im Original: »Vol de Nuit«) verarbeitet. Damit gelang Saint-Exupéry der literarische Durchbruch. Der Roman wurde 1931 mit dem renommierten »Prix Femina« ausgezeichnet und 1933 mit Clark Gable, Helen Hayes und weiteren Stars verfilmt.

Nach seiner Heirat 1931 arbeitete Saint-Exupéry zunächst wieder als Streckenpilot in Afrika. 1934 wurde er von der neugegründeten Air France eingestellt. In den Folgejahren flog er unter anderem Langstreckenflüge nach Asien. Beim Versuch, den Streckenrekord Paris-Saigon zu brechen, stürzte Saint-Exupéry im Dezember 1935 über der Libyschen Wüste ab. Nach tagelangem Marsch durch die Wüste stieß er auf eine Karawane und wurde gerettet. Unterwegs von New York nach Feuerland überlebte Saint-Exupéry 1938 schwer verletzt einen weiteren Flugzeugabsturz in Guatemala. Während der Rekonvaleszenz beendete er die Arbeit an dem Buch »Wind, Sand, Sterne« (im Original: »Terre des Hommes«), das auf seinen Erfahrungen als Wüstenpilot beruht. Es wurde 1939 mit dem Grand Prix du Roman de l’Académie Française ausgezeichnet, obwohl es sich streng genommen nicht um einen Roman, sondern um eine Sammlung von Erzählungen handelt.

Nach Kriegsausbruch gelang es Saint-Exupéry trotz seines Alters und schlechten Gesundheitszustandes in eine Aufklärungsstaffel aufgenommen zu werden. Nach dem deutschen Überfall auf Belgien im Mai 1940 wurde er auf einen Erkundungsflug geschickt, um Panzerbewegungen auszuspionieren. Es war ein Himmelfahrtskommando. Seine Gedanken zur Sinnlosigkeit von Krieg und zu dessen humanitären Folgen fanden später Eingang in »Flug nach Arras« (im Original: »Pilote de guerre«). Im Dezember 1940 ging Saint-Exupéry von Algerien aus ins amerikanische Exil.

Bis Anfang 1943 lebte Saint-Exupéry in New York. Er war in Sorge um die Zukunft der Menschheit. Gleichwohl wurde es eine literarisch produktive Zeit. Der Schilderung seiner Kriegserlebnisse folgten 1943 die zeitkritische Märchen-Erzählung »Der kleine Prinz« (im Original: »Le Petit Prince«) und das Bekenntnis zu seinem jüdischen Freund Léon de Werth »Briefe an einen Ausgelieferten« (im Original: »Lettre à un otage«). Daneben arbeitete er an dem Buch, das nach seinem eigenen Bekunden einmal Schlussstein und Gewölbe seines Gesamtwerkes werden sollte.


Heikko Deutschmann erhält nach seiner Schauspielausbildung an der Berliner Hochschule der Künste sein erstes Theater-Engagement unter Peter Stein an der Berliner Schaubühne. Parallel startet er seine Karriere vor und später auch hinter der Kamera. Seiner ersten Rolle in ›Walkman Blues‹ 1985 folgen zahlreiche Fernseh- und Kinoproduktionen. 2014 gründet er eine Produktionsfirma und dreht die international mehrfach preisgekrönte Tragikomödie <Noch ein Seufzer und es wird Nacht> als Autor, Regisseur und Produzent. Neben Bühne und Film ist er auch Sprecher zahlreicher Hörbücher.

Julia Hansen ist in Südindien geboren und in Somalia und Sambia aufgewachsen. Im Alter von 15 Jahren kam sie mit ihrer Familie nach Deutschland und lebt seit vielen Jahren in Göttingen. Sie studierte an der bekannten Essener Folkwang-Hochschule Schauspiel, Gesang und Tanz. 1999 ging sie als festes Ensemblemitglied ans Deutsche Theater Göttingen. Seit 2011 ist sie als freiberufliche Schauspielerin auf deutschen Bühnen, Literaturfestivals und in Konzertsälen tätig. Auch als Sängerin von Jazzstandards mit eigenen deutschen Texten steht sie auf der Bühne und veröffentlichte mehrere CDs. 2013 gründete sie die neunköpfige Band „The Three Sisters“. Als Sprecherin ist sie seit mehreren Jahren im Rahmen von Lesungen unter anderem mit Christian Brückner, Charles Brauer, Denis Scheck und Heikko Deutschmann sowie für Hörbuch- und Rundfunkproduktionen tätig.

Rhani Krija wurde im Herzen der Gnawa-Kultur in Essaouira, Marokko geboren. Schon früh lernte er die traditionellen nordafrikanischen Musikstile kennen, welche die Grundlage für seine heutige Spielweise prägten. Bekannt für seine Kentnisse und Fähigkeiten, andalusische, arabische, afrikanische und lateinamerikanische Rhythmen zu spielen, wurde Rhani zu einem der international gefragtesten Perkussionisten. In den letzten Jahren spielte er für namhafte Labels Perkussion-Sample-Aufnahmen ein und ist auf Bühnen weltweit zuhause. Zurzeit lebt er in Deutschland. Rhani tourte und arbeitete im Studio mit Sting, Herbie Hancock, Al Di Meola, Placido Domingo, Peter Gabriel, der WDR- und SWR-Big Band, Annie Lennox, Prince, Klaus Doldinger, Vince Mendoza, BAP, Xavier Naidoo, Sarah Connor, Herbert Grönemeyer, EMEL, Hindi Zahra, OUM, Martin Grubinger und dem Royal Symphonie Orchester of London.

Jörg Siebenhaar spielt seit seiner Kindheit Akkordeon sowie Kirchenorgel. An der Essener Folkwang-Hochschule studierte er Klavier und ist seitdem als Pianist, Akkordeonist, Bühnenmusiker sowie Komponist tätig. Er arbeitete an zahlreichen Theater- und Fernsehproduktionen mit und begleitete Künstler, wie Greetje Kauffeld oder Marla Glenn auf nationalen und internationalen Bühnen. Auch Bobby Hebb, bekannt durch seinen Welterfolg „Sunny“, engagierte ihn für seine Europa-Tournee. Zudem trat der blinde Musiker in Fernsehshows mit Jürgen von der Lippe oder Desirée Nick auf. Neben seinem Jazz-Trio Accordion Affairs spielt er in verschiedenen Formationen, vom Duo mit Klassischer Gitarre bis sechs-köpfiger Tango-Band.

Thomas Zander ist gebürtiger Hannoveraner und spielt eigentlich schon immer Klarinette und Saxophon. Beides unterrichtet er an der städtischen Musikschule in Hannover und ist seit Jahren ständiger Gastmusiker für Saxophon, Klarinette und Querflöte z.B. am Theater für Niedersachen und an der Oper Hannover. In Roger Cicero’s Bigband spielte er von Beginn an als Bariton-Saxophonist und spielt Tenor im Quartett von Bill Ramsey. Daneben arrangiert und komponiert er Kammer- und Orchestermusik, zuletzt ein Quartett für vier Bassklarinetten und ein Quintett für Bassklarinette und Streichquartett.

 
 
 

Photos © Frank Stefan Kimmel / Rhani Krija © Simon Zimbardo